Dauerausstellung
Seismologisches Kabinett
Europaweit einzigartige Sammlung
Schon im Jahr 1972 wurden den Besuchern des Museums Burg Ranis durch Seismografen sowie simulierte Messvorgänge und Erdbebenregistrierungen Einblicke in ein spannendes Forschungsfeld gegeben. Da es sich bis dato um eine europaweit einzigartige Sammlung und Präsentation handelt, soll dieses Thema Bestandteil des Museums bleiben und um moderne Aspekte erweitert werden. Auch in Thüringen kommt es immer wieder zu beachtlichen seismischen Aktivitäten. Wie und wo diese weltweit entstehen und welche Folgen sie haben, wird in diesem Ausstellungsbereich veranschaulicht.
Gern möchten wir Ihnen Antworten auf diese Fragen geben:
Warum wurden Erdbeben bis in das 18. Jahrhundert als göttliche Strafgerichte gesehen?
Warum ist die Seismologie neben der Geologie und Mineralogie die wichtigste Disziplin, um die Beschaffenheit des Erdinneren zu erforschen?
Warum sind die Erdbebenwellen die Röntgenstrahlen der Geophysiker? Warum lassen sich die Erdbeben heute in Nah- und Fernbeben unterscheiden?
Besucher werden zudem kleine Erschütterungen – hervorgerufen durch Aufstampfen auf dem Boden – auf einem Bildschirm verfolgen können. Auch ein Erdbebensimulator ist geplant, mit dem Bodenbewegungen während eines Erdbebens nachempfunden werden können.
PD Dr. Thomas Jahr & Dipl.-Ing. Wernfrid Kühnel über die Seismologie
Für die Erforschung aller geophysikalischen Phänomene, die in direktem oder indirektem Zusammenhang mit Erdbeben stehen, sind Seismometer von zentraler Bedeutung. Dies erklärt die weit zurückreichende Entwicklungsgeschichte dieser Instrumente, die vor allem in den letzten ca. 120 Jahren eine besondere Intensität erfahren hat. Das Seismologische Kabinett des Museums Burg Ranis dokumentiert in einzigartiger Weise die instrumentellen Fortschritte seit dem Beginn der systematischen Beobachtung von Erdbebensignalen. Stellvertretend für eine Fülle von anderen Seismometern steht die letzte Seismometer-Konstruktion der DDR vor der politischen Wende: das Triaxial-Seismometer Jena (TSJ). Hier wurde der Wunsch die gesamte, durch Erdbebenwellen ausgelöste Bodenbewegung zu erfassen und mit den besten technischen Möglichkeiten zu verknüpfen, in beispielhafter Weise realisiert.
Das Seismometer TSJ zeichnet sich insbesondere dadurch aus, dass es eine signifikante Neuerung der Anordnung der einzelnen Komponenten beinhaltet: Bis ca. Mitte der 1980er Jahre waren für die Erfassung der vollständigen Bodenbewegung, die mit einer durchlaufenden Erdbebenwelle einhergeht, zwei Horizontal- und ein Vertikalseismometer notwendig. Die Horizontalkomponenten wurden dann exakt in nordsüd und ostwest Richtung ausgerichtet. Im TSJ sind drei baugleiche Komponenten mit 54.7° zur Vertikalen mit Azimutdistanzen von 120° enthalten. Eine einfache Umrechnung ermöglicht die Bestimmung der beiden Horizontal- und der Vertikalbewegungen. Der fertigungstechnische Vorteil ist offensichtlich: es muss nur noch ein Sensorsystem in Serie hergestellt werden. Damit eignet sich der TSJ ganz besonders, um als Standardinstrument in den nationalen und globalen Netzen eingesetzt zu werden.
Skizze zur Funktionsweise des TSJ und des STS-2: Die von Erdbebenwellen erzeugte Bodenbewegung wird mit den drei Sensoren U, V und W gemessen und kann leicht in die Horizontalrichtungen X und Y sowie die Vertikale Z umgerechnet werden.
Interessanter Weise fand in der Vorwendezeit eine ähnliche instrumentelle Entwicklung im damaligen Westeuropa statt: Die Firma Streckeisen entwickelte aufbauend auf den Ideen von Professor Wieland (Stuttgart) die Seismometer STS-1 und STS-2. Im Gegensatz zum TSJ konnte das STS-2 mit einem hochwertigen Feedback-System ausgestattet werden. Das STS-2 ist heute das Standardseismometer im Deutschen Regionalen Seismischen Netz (GRSN), das von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR, Hannover) betrieben wird. Beide Seismometer, TSJ und STS-2, stellen somit einen Meilenstein in der Seismometrie dar und stehen stellvertretend für die Entwicklung seismologischer Instrumente.
Das Seismometer TSJ ist Leitexponat des Ausstellungsbereiches zur Seismologie und steht für die Entwicklungsgeschichte dieser Messintrumente.
Verfasser: PD Dr. Thomas Jahr & Dipl.-Ing. Wernfrid Kühnel